
Kopenhagen - Wie am Dienstag bekannt wurde, hat die dänische Handelskammer Klage bei der EU-Kommission gegen Deutschland eingelegt: Die Ausnahmen für den Dosenpfand im Grenzhandel seien eine Wettbewerbsverzerrung.
Denn skandinavische Kunden zahlen in norddeutschen Grenzläden keinen Dosenpfand, wenn sie eine sogenannte Ausfuhrgenehmigung vorlegen. „Das ist gegen die EU-Regeln und verzerrt den Wettbewerb“, so die Kammer Dansk Erhverv in ihrem Bericht. „Anders als für Geschäfte im übrigen Land toleriert Deutschland für die Märkte an der Grenze, dass sie sich ihrer Verantwortung für die Umwelt entziehen und den Wettbewerb beeinträchtigen.“
„Es ist unfair, dass sich Geschäfte südlich der deutsch-dänischen Grenze von bestehenden Regeln und Pflichten, die für alle anderen Geschäfte in Deutschland, Dänemark und im Rest Europas gelten, entziehen“, kritisierte Laurits Rønn, der Direktor der Handelskammer. Rund 650 Millionen Dosen Bier und Limonaden würden in Grenznähe von Dänen jedes Jahr pfandfrei gekauft, schätzt die Kammer.
Eine Entscheidung der EU-Kommission wird nicht vor 2017 erwartet. Ab 2018 müssen die Dänen ohnehin Pfand entrichten – zumindest wenn sie in Schleswig-Holstein Dosen kaufen wollen. Dieser soll ihnen im eigenen Land dann bei der Rückgabe der leeren Dosen zum Teil erstattet werden. Eine Sprecherin des schleswig-holsteinischen Umweltministeriums betonte jedoch, die Vereinbarung wird „erst wirksam, wenn Dänemark ein flächendeckendes Netz von Rücknahmestationen aufgebaut hat, die die diskriminierungsfreie Rücknahme der restentleerten Getränkegebinde gegen Rückerstattung des Pfandes ermöglichen“.
Doch noch immer scheint das letzte Wort beim deutsch-dänischen Dosenpfand noch nicht gesprochen: Erst im Januar war ein Gutachten erschienen, welches das Abkommen zwischen Dänemark und Schleswig-Holstein als illegal bezeichnet hatte. Die Absprache verstoße gegen dänisches, deutsches und europäisches Recht. Im Sommer vergangenen Jahres hatte bereits die damals frischgewählte dänische Umweltministerin Eva Kjer Hansen das Abkommen scharf kritisiert: Es sei „unhaltbar“, weil nicht nachvollziehbar sei, wieso die Einführung des Dosenpfands zwar für Schleswig-Holstein, aber nicht für Mecklenburg-Vorpommern gelten solle. Grenzhändler hätten bereits angekündigt auf Mecklenburg-Vorpommern auszuweichen. Vor diesem Hintergrund seien die „massiven Investitionen“, die auf den dänischen Einzelhandel zukommen, um die Dosen zurückzunehmen, nicht gerechtfertigt. Dänemark rechnet mit einer Verdoppelung der zu recycelnden Dosen, wenn das Abkommen ab 2018 umgesetzt wird.
Der ehemalige dänische Finanzminister Benny Engelbrecht widersprach dem Gutachten hingegen: Es handele sich nicht wie behauptet nur um eine Absprache zwischen Kopenhagen und Kiel, sondern um ein bilaterales Abkommen zwischen Deutschland und Dänemark, was durch die Unterschrift der Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) legitimiert werde. Die oppositionelle CDU in Schleswig-Holstein hofft hingegen noch immer auf eine bessere Regelung, „die Mecklenburg-Vorpommern einbezieht und nicht zu Lasten des schleswig-holsteinischen Einzelhandels geht“, wie der wirtschaftspolitische Sprecher Johannes Callsen erklärte.
- laurits ronn
- eva kjer hansen
- benny engelbrecht
- barbara hendricks
- johannes callsen
- dosenpfand